wird im Erzählduktus durch diese Interpretationen hindurch geführt. Er erlebt die Interpretationen in einem Kontext, den der Autor klug herstellt. Der Leser hat folglich nicht den Eindruck, schulmäßig an die Hand genommen zu werden. Dennoch ermangeln die Interpretationen nicht der Stringenz – es gibt immer wieder kleine Zusammenfassungen, Rückverweise, Ausblicke. Erkenntnisleitend sind aber die Erzählungen des Interpreten, der es möglich macht, Biografie, Sozialgeschichte, Literaturgeschichte, Rezeptionsgeschichte dem Anschein nach mit leichter Hand, jedoch in der Tat wohl überlegt einzubringen.
Renate Overbeck geht mit den Textauszügen des von ihr präsentierten Autors Georges Perec ähnlich um wie Firges mit den Baudelaire-Texten: Sie zitiert die Texte in Französisch und druckt nachfolgend die Übersetzungen ab, und zwar die des Perec-Übersetzers Eugen Helmlé. Im Mittelpunkt ihrer Präsentation steht Perecs magnum opus La vie mode d'emploi, dessen Thematik manchen Französischlehrern aus Francis Debysers L'lmmeuble bekannt sein dürfte. Allerdings stellt sie den Roman in den Kontext der Biografie und des Gesamtwerks des Autors. Das geschieht zunächst in einer kurzen, konzisen und sehr instruktiven Einleitung.
Im Hauptteil wird La vie mode d'emploi systematisch vorgestellt: zunächst durch den Hinweis auf den Romanentwurf, der bereits vier Jahre vor dem Erscheinen des Romans in Espèces d'espace formuliert worden ist und den Inhalt in nuce enthält – die Beschreibung eines Hauses und seiner Bewohner in einem bestimmten historischen Augenblick. Die sorgfältige Darstellung der "formalen Verfahren", die sich anschließt (man könnte auch sagen: die Erläuterung des Kompositionsspiels und des Sprachspiels), lässt den Leser erkennen, dass der scheinbar zufällige Aufbau des
|
Werks in Wirklichkeit vielschichtig und sehr bewusst konstruiert ist. Die Romanerzählung – also die inhaltliche Seite des Romans – wird von Renate Overbeck sorgfältig analysiert; die Beschreibung des Mietshauses, die Porträts einiger der Bewohner, die in der Erzählung zur Sprache gebrachten Themen, die beschriebenen Dinge können dem Leser helfen, sich in der Komplexität der Erzählstränge zurechtzufinden. Schließlich wird der Roman als Gemälde, als Puzzle und als Selbstporträt erklärt. Die Autorin hat einen Ko-Text zu dem Roman geschrieben, zum Nutzen für potentielle Leser, am besten zu gebrauchen nach vorhergehender Lektüre des Romans.
Allen drei Texten ist zu wünschen, dass sie von Französischlehrern für ihren Literaturunterricht genutzt werden. Sie können sie auch älteren Schülern in die Hand geben, die ein Referat oder eine Facharbeit vorbereiten. Denn sie sind übersichtlich gegliedert, sind verständlich geschrieben, sie sind nicht zu umfangreich, sie enthalten biografische Notizen und bibliografische Angaben, auch zu weiterführender Literatur.
Um zu zeigen, was die Reihe über die besprochenen Monografien hinaus bietet, nenne ich einige weitere deutsch- und französischsprachige Autoren, die bereits Gegenstand der Darstellung geworden sind: Jean Anouilh, Rose Ausländer, Paul Celan, Albert Camus, Friedrich Hölderin, Madame de La Fayette, Molire. Die Reihe ist eine Fundgrube für Literaturlehrer.
Herbert Christ
|